Erhöhtes Zweittumorrisiko: Neue Erkenntnisse zur Krebsnachsorge

Wer eine Krebserkrankung überstanden hat, trägt ein erhöhtes Risiko, erneut an einem Tumor zu erkranken. Diese Erkenntnis hat Auswirkungen auf die Krebsversorgung in der Schweiz.

Im nationalen Gesundheitsbericht über Krebs präsentiert die Nationale Krebsregistrierungsstelle (NKRS) und das nationale Kinderkrebsregister (KiKR) heute erstmals entsprechende Resultate. Gleichzeitig publiziert das Bundesamt für Statistik (BFS) die neuen Zahlen der Nationalen Krebsstatistik.

Die Anzahl Menschen, die mit und nach einer Krebserkrankung leben, nimmt in der Schweiz stetig zu. Zum einen erkranken aufgrund der Alterung und des Wachstums der Bevölkerung immer mehr Menschen an Krebs. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit, eine Krebserkrankung zu überleben dank Fortschritten in der Medizin gestiegen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, mehr zum Risiko, an einem weiteren Tumor zu erkranken, zu wissen. Speziell relevant ist das Thema für Personen, die eine erste Krebsdiagnose in einem jungen Alter erhalten.



Zweittumore sind eigenständige neue Krebserkrankungen, die sich von Rückfällen (Rezidiven) und Ablegern (Metastasen) eines früher diagnostizierten Tumors unterscheiden.

Für den Gesundheitsbericht verwendeten die von der Stiftung Nationales Institut für Krebsepidemiologie und -registrierung (NICER) geführte NKRS und das am Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) der Universität Bern geführte KiKR Daten zu Krebserkrankungen aus den kantonalen Krebsregistern und dem nationalen Kinderkrebsregisters.

Krebsbetroffene haben ein erhöhtes Risiko, erneut an einem Tumor zu erkranken

Von 1990 bis 2019 – einem Betrachtungszeitraum von 30 Jahren – wurden in den Schweizer Krebsregistern 551 887 Ersttumore und 46 348 Zweittumore erfasst – das sind 5341 Zweittumorfälle mehr, als durch das allgemeine Krebsrisiko zu erwarten gewesen wären. Über alle Altersgruppen hinweg war das Risiko, nach einer ersten Diagnose auch an einem zweiten Tumor zu erkranken, um 13 % höher als bei Personen ohne vorherige Krebserkrankung.



Das Zweittumorrisiko ist von verschiedenen Faktoren abhängig

Faktoren wie das Alter bei der Ersterkrankung, die vergangene Zeit seit der Ersttumordiagnose sowie die Art und die Behandlung des ersten Tumors beeinflussen das Zweittumorrisiko entscheidend:

  • So hatten Personen, die im Kindesalter (0–14 Jahre) an Krebs erkrankt waren, ein sechsmal höheres Risiko, einen Zweittumor zu entwickeln.
  • Personen mit einer Erstdiagnose im jungen Erwachsenenalter (15–39 Jahre) wiesen ein doppelt so hohes Risiko auf.
  • Personen mit Erstdiagnose im älteren Erwachsenenalter (ab 40 Jahren) wiesen ein um 12 % erhöhtes Risiko auf.

Das Risiko, an einem zweiten Tumor zu erkranken, blieb zudem über Jahrzehnte nach der ersten Diagnose erhöht.

Der Bericht zeigt ferner, dass nach Tumoren, die mit Rauchen oder Alkoholkonsum in Verbindung stehen, das Risiko für einen zweiten Tumor besonders stark erhöht ist. Darüber hinaus haben verschiedene
Behandlungsmethoden des ersten Tumors einen unterschiedlich starken Einfluss auf das Risiko, einen Zweittumor zu entwickeln.

Empfehlungen für die Zukunft

Zahlen zu Zweittumoren in der Schweiz sind gesundheitspolitisch relevant: Sie bilden die Grundlage zur Entwicklung von effektiven und bedarfsgerechten Präventions-, Behandlungs- und Nachsorgestrategien. Gestützt auf die präsentierten Auswertungen drängen sich verschiedene Massnahmen auf, um Zweittumore in der Schweiz möglichst zu senken und deren Früherkennung zu verbessern.

So unterstützen die Ergebnisse des Berichtes etwa die in der Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten des Bundes (NCD-Strategie) empfohlene Stärkung der Präventionsmassnahmen im Bereich Alkohol- und Tabakkonsum. Sie sind nicht nur für die Reduktion des Ersttumorrisikos, sondern auch für die Senkung des Zweittumorrisikos relevant.

Zudem empfehlen die Autorinnen, die Digitalisierung im Gesundheitswesen effizient voranzutreiben, damit alle relevanten Informationen zur Krankengeschichte für betroffene Patientinnen und Patienten und nachbetreuende Ärztinnen und Ärzte dauerhaft und jederzeit verfügbar sind.

Das Risiko einer Person, erneut an Krebs zu erkranken, hängt von vielen Faktoren ab. Deshalb brauchen Krebsbetroffene nach Abschluss der Therapie eines Ersttumors eine gute Risikoabschätzung und einen individuellen Nachsorgeplan.

Weitere Forschungsprojekte zum besseren Verständnis des Einflusses einer Krebsbehandlung und anderen Risikofaktoren auf das Zweittumorrisiko sowie Studien mit einem noch längerem Betrachtungszeitraum können vertiefte und weitere Erkenntnisse zum Zweittumorrisiko liefern.

 

Quelle: Nationale Krebsregistrierungsstelle (NKRS)
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